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Barzizius, Introductoriu(m) in medicinam legenti cuilibet perutile.

Barzizius, Introductoriu(m) in medicinam legenti cuilibet perutile.

Barzizius (Barzizza), Christoph: Introductoriu(m) in medicinam legenti cuilibet perutile. Augsburg, Sigmund Grimm, 14.XII.1518. 4°. Holzschnitt-Titelbordüre, 63 unnum. Bl., 1 w. Bl. Älterer biegsamer Pergamentband (etwas fleckig, Vorsätze erneuert)

Einzige Ausgabe des 16. Jahrhunderts, von größter Seltenheit. – VD 16, B 619; Durling 484; Hirsch/H. I, 367 (falsch ‘Wien’); Panzer VI, 151, 127; nicht bei Adams, Bird, Lesky, Osler, Waller und Wellcome – Unseres Wissens eine der frühesten Einführungen in das wissenschaftliche Studium der Medizin aus der Feder des italienischen Gelehrten Christoph Barzizius. Eine Inkunabelausgabe, die 1494 in Pavia erschien, ging der hier vorliegenden voraus. “Christofo Barzizza, um 1400, aus Bergamo, Neffe des (Grammatikers) Gasparinus Barzizius, 1434-1440 Professor der Medizin zu Padua. Sicher eine von dem Humanisten gleichen Namens verschiedene Persönlichkeit” (GW 3672 zur EA Pavia 1494). – Dieser in der Offizin des Sigismund Grimm, Doktor der Medizin, entstandene Druck ist sicher als ein Versuch zu verstehen, die Erkenntnisse der berühmten italienischen medizinischen Kapazitäten aus den Universitäten Pavia und Padua nördlich der Alpen weiterzuverbreiten. Nach dem Titelblatt ist das Buch “legenti cuilibet perutile” (für jeden Leser sehr nützlich), was an eine allgemeinbildende Schrift denken läßt. Mehrfach erwähnt sind auch die iuvenes, also junge Leute, wobei man zuerst an Studenten denken wird. Jedoch hat Augsburg zu Beginn des 16. Jahrhunderts keine Universität besessen, so daß das Verlagsobjekt exportiert werden mußte oder zur Weiterbildung der in der Stadt oder im Umkreis ansässigen “fertigen” Ärzte dienen sollte. Die Schrift stützt sich auf die in der Medizin damals maßgeblichen Autoritäten wie Hippokrates, Almansor, Avicenna, Galen, Mesue oder Serapion und stellt die Probleme z. T. in der ersten Person Singular (″ich”) durchaus nicht allgemeinverständlich dar. Sie beginnt mit “res naturales”, auf denen die Medizin aufbaut, wie Luft, Feuer, Erde, Wasser (aer, ignis, terra, aqua) und den drei medizinischen Elementen “sperma viri mulieris et sanguis menstruus” (Same des Mannes und der Frau und Menstrualtionsblut). Nach Beschreibungen u.a. der besonderen Zeichen der Krankheit, ihres Ortes und ihrer Zeit enthält das 14. Kapitel “signa”, Zeichen, die vom Kopf abwärts (Dolor in cute et ita de quolibet membro”; Schmerz in der Haut und in jedem Glied aufgelistet werden. Es folgt der “modus curandi”, der Behandlungsmethoden und -regeln aufzeigt, wobei Wasser (kalt/warm), Luft, Abreibungen (fricatio), Bäder, Umschläge (epithimata), Aderlaß, Klistiere, Erbrechen etc. eingesetzt werden, ferner auch Heilpflanzen und Essenzen wie Aloe, Koriander oder Absinth. Diese Anweisungen wenden sich eindeutig an den Fachmann und sind kaum zur Medikation durch Laien geeignet. Die Ausgabe belegt, daß das “Introductorium” nicht nur 1494, also viele Jahre nach dem Tod des Autors, einem Kreis von Medizinern (als Herausgebern) und dem auf Medizin spezialisierten Drucker Antonius Carcanus wichtig und wertvoll erschien, sondern auch später in Augsburg als Zusammenfassung der spätmittelalterlichen Medizin-Praxis empfunden wurde (obwohl die Pest darin nur beiläufig erwähnt ist – und die Syphilis-Problematik nicht erörtert werden konnte, da die Krankheit noch nicht auf Europa übergegriffen hatte). – Die schöne Titelbordüre ist abgebildet bei Pflug-H., Taf. 14. – Wir danken Herrn Dr. Holger Nickel von der Staatsbibliothek Berlin für zeitaufwendige, detaillierte und umfangreiche Recherchen. – Tadellos erhaltenes, breitrandiges, rubriziertes Exemplar. Titel mit handschriftlichem Besitzvermerk (Cart. in Buxheim, deren Bibliothek 1883 versteigert wurde), altem Bibliotheksstempel, ein weiterer Stempel im Unterrand von Bl. 2. Vereinzelt minimale Wurmgänge.

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Titelblatt